Die seltsamen Tätigkeiten der Frau Winter

Mittwoch, 3. Februar 2016

Gestern hat es heftig geschneit, doch die neue, frische Schneedecke verflüchtigt sich bei Temperaturen um den Gefrierpunkt zusehends. Die Meteorologen vermelden fast täglich Temperaturrekorde seit Aufzeichnungsbeginn. Vielleicht hilft ja musikalischer Wetter-Voodoo. Probieren wir es mit Зима (Sima: Winter), dem „Lied des Jahres“ von 1971. Der Text war zwar schon 1956 fertig und 1968 auch die Musik, aber die entscheidenden Personen in der Kulturpolitik befanden die Reime für zu unernst und inhaltslos, das Sujet für zu dörflich. Zu guter Letzt führten personelle Veränderungen im Apparat doch noch zur Veröffentlichung des verspielten Winterliedchens.
Bekannt geworden ist Sima vor allem in der allerersten Version, die Eduard Khil (Эдуард Хиль) bei der Neujahrsshow 1971 vorstellte. Ich finde aber die Interpretation von Lola Khomyants gelungener. Khomyants nahm in ihrer Heimatstadt Tbilisi zunächst ein Maschinenbau-Studium auf. Die überaus erfolgreiche Teilnahme an mehreren Musikwettbewerben führte sie jedoch auf einen anderen Weg: Die folgenden drei Jahrzehnte sang sie bei Konstantin Orbelian (Константин Агапаронович Орбелян) im Staatlichen Estradenorchester von Armenien und war außerdem mit einem Sänger – Avetyan Artashez (Арташес Аветян) – verheiratet.
Lola Khomyants (Лола Хомянц) – Зима
Musik: Eduard Semenovitch Hanok (Эдуард Семёнович Ханок)
Text: Sergey Grigorevich Ostrovoy (Сергей Григорьевич Островой)
Den russischen Originaltext habe ich nach bestem Wissen und Gewissen übersetzt:
Am Waldesrand / Lebte der Winter* in einer Hütte.
Sie salzte Schneebälle / In einer Tonne aus Birkenholz.
Sie spann Garn, / Sie webte Leinen,
Sie schmiedete Eisbrücken / Über die Flüsse.
Refrain:
Eisdecke, / Knirschende Tür,
Hinter der rauhen Wand / Ist es stockdunkel.
Sowie du über die Schwelle trittst / Ist überall Reif.
Und in den Fenstern glimmt es / Blau-blau.
Sie ging auf die Jagd, / Polierte Silber,
Pflanzte die dünne Mondsichel / In einen Eimer aus Kristall.
Sie schneiderte den Bäumen Pelzmäntel, / Glättete die Schlitterbahn,
Und eilte dann in den Wald / Um in der Hütte auszuruhen.
Refrain
* Im Russischen ist der Winter feminin, die Personifizierung mithin eine Frau.

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